Truck Symposium: Forderungen für die Logistik von morgen

Jessica Liesenfeld
5 Min. zu Lesen

Personalmangel, fehlende Stellplätze, Sanierungsbedarf der Verkehrsinfrastruktur sowie neue Antriebskonzepte – die Herausforderungen für Güterverkehr und Logistik sind groß. Diese und weitere aktuelle Themen der Transportbranche standen im Mittelpunkt des 16. TruckSymposiums, welches der ADAC Mittelrhein und TÜV Rheinland am Freitag, 14. Juli im Rahmen des Internationalen ADAC Truck-Grand-Prix am Nürburgring ausrichteten.

Beim 16. TruckSymposium von ADAC Mittelrhein und TÜV Rheinland tauschten sich rund 120 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden, Behörden, Politik und Medien zu den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Transport- und Logistik-Branche aus.

Moderator Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Vorstandssprecher Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung) begrüßte dazu unter anderem Staatssekretär Oliver Luksic vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr sowie Staatssekretär Andy Becht von der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Mit dabei waren: Ralf Strunk (Geschäftsführer der TÜV Rheinland Kraftfahrt), Stefan Thyroke (Verdi), Anja Ludwig, Tim Baumeister (beide KRAVAG), Michael Nimtsch (Trailer Dynamics), David Coleman (hynes – Hydrogen and New Energy Solutions), Michael Brell (bp/Aral), Bernhard Hintermayer, Elfriede Mayr (beide ASFINAG), Prof. Dr. Manfred Loidold (Hochschule RheinMain) sowie ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand und Rudi Speich (Vorsitzender ADAC Mittelrhein).

„Selten gab es für die Transport- und Logistikbranche so viele Herausforderungen auf so verschiedenen Feldern gleichzeitig. Die Fachvorträge und Empfehlungen unserer Experten geben Orientierung und ich freue mich, so ein hochkarätiges Plenum hier zu haben“, begrüßte Rudi Speich, Vorsitzender des ADAC Mittelrhein, die Podiumsgäste im Bitburger Event-Center.

Als Ergebnis der Fachvorträge und Diskussionen wurden im Nachgang folgende Empfehlungen und Forderungen für die Transport- und Logistikbranche herausgearbeitet:

  1. LKW-Parkplatzmangel abbauen – private Möglichkeiten zusätzlich und schneller nutzbar machen!

Der LKW-Parkplatzmangel ist eines der drängendsten Probleme des Straßengüterverkehrs. Aktuelle Schätzungen vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung gehen von bis zu 40.000 fehlenden Stellplätzen pro Nacht allein entlang der bundesweiten Autobahnen aus.

Die politisch vorgegebene Umstellung auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge erfordert zudem Umstellungen in der Fuhrparklogistik und der Tourenplanung, die wiederum die Suchmöglichkeiten nach Parkraum einschränken, wenn gleichzeitig das Fahrzeug aufgeladen werden muss. Dieser Mangel an LKW-Stellplätzen gefährdet nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern ist gleichzeitig ein Haupt-Frustrationstreiber für das Fahrpersonal, das nur unzureichende Möglichkeiten zur Nachtruhe und Hygiene vorfindet.

Angesichts der gleitenden Langfrist-Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums zur erwarteten Zunahme des Straßengüterverkehrs (rund 50 % bis 2050) muss der Ausbau von LKW-Stellplätzen an Autobahnen als vordringlicher Bedarf mit entsprechenden Verfahrensverkürzungen behandelt werden.

Zusätzlich müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, auch vorhandene Infrastruktur auf Betriebsgeländen von Speditionen und Fuhrunternehmen im Rahmen privater Initiativen zu erschließen. Diese so auszubauen, dass sie auch durch Dritte genutzt werden können, ist eine effektive und – im Vergleich zu Bauvorhaben der öffentlichen Hand beim Ausbau von Stellplätzen an Autobahnen – schneller verfügbare Option, weitere Kapazitäten zu schaffen. Darüber hinaus müssen durch die Digitalisierung weitere flächensparende Lösungen gesucht werden.

  1. Technologieoffenheit bei den CO2-Zielen im Verkehr – um auch in der Bestandsflotte zügig CO2 einzusparen!

Aktuell ist davon auszugehen, dass Diesel-Sattelzugmaschinen noch für die nächsten 20-30 Jahre einen wesentlichen Teil der Motorisierung des Langstrecken-Güterverkehrs darstellen werden, da batterie-elektrische Zugmaschinen derzeit nicht absehbar in der Lage sind, ausreichend Energie für lange Strecken im schweren Güterverkehr zu Verfügung zu stellen. Zudem ist nicht absehbar, bis wann die erforderliche Ladeinfrastruktur unterwegs in ausreichender Kapazität zur Verfügung stehen wird und erst dann kann die Phase signifikanten Mischverkehrs beginnen.

Ergänzende technische Konzepte, etwa durch batterie-elektrische Antriebe im Trailer, können hier – in Abhängigkeit von Topographie und Beladungssituation – auch in Kombination mit konventionellen Sattelzugmaschinen bereits kurz- und mittelfristig bis zu 40 Prozent CO2-Emissionen einsparen helfen! Daher ist es erforderlich, anstelle dirigistischer Vorgaben zu Antriebstechnologien auf Technologieoffenheit zu setzen und für die Langstrecke im schweren Güterverkehr Kompromisse zwischen altem und neuen Fahrzeugbestand, CO2-Reduktion und zuverlässiger Reichweite zu finden.

  1. Elektromobilität realistisch betrachten – es hängt vom User Case ab!

Für gewerbliche Flotten gilt: Ressourcen schonen, Emissionen senken – aber auch wirtschaftlich bleiben und die Gesamtkosten unter Kontrolle halten! Wasserstoff- und Elektroantrieb werden mittel- bis langfristig die wichtigsten kohlenstoffarmen Antriebskonzepte sein, aber der Weg dorthin ist lang aufgrund der technologischen Herausforderungen und der mangelnden Fahrzeugverfügbarkeit. Kurzfristig werden neben herkömmlichen Diesel-Antrieben auch HVO und Bio-Gas als Brückentechnologien benötigt werden.

Die Möglichkeiten, batterie-elektrische Antriebe tatsächlich wirtschaftlich einzusetzen, hängen jedoch stets vom User Case im Einzelfall ab. Die Politik muss dies berücksichtigen und darf das Transportgewerbe nicht durch zu strenge technologische Vorgaben schwächen, denn nur starke Unternehmen können sich Transformation leisten!

  1. Park- und Rastanlagen für LKW-Fahrpersonal optimieren!

Ein komfortabler, sicherer LKW-Stellplatz für die Nacht ist ein wichtiger Teil der Logistikkette. Dies gilt nicht nur vor dem Hintergrund zunehmender Diesel- und Ladungsdiebstähle, sondern insbesondere auch in Anbetracht des Fahrpersonalmangels und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, Arbeits- und Lebensbedingungen der Fahrer und Fahrerinnen unterwegs dringend zu verbessern.

Während herkömmliche Park- und Rastanlagen auf die Mischnutzung PKW/Nutzfahrzeug hin angelegt sind, wird in Österreich ein neuer Typ erprobt, der auf Nachhaltigkeit und Service für das LKW-Fahrpersonal ausgelegt ist. Dies schließt eine hohe Anzahl an 350 kW-Schnelladestationen ein, u.a. elektrische Anschlüsse zur Ladegutkühlung, um Kühlaggregate während der Ruhephase nicht mit Diesel betreiben zu müssen sowie ein Sanitärbereich mit einer ausreichenden Anzahl an Toiletten, Duschen, Fitnessgeräten, Koch- und Waschmöglichkeiten samt Sicherstellung eines insgesamt hohen Hygienestandards.

Zudem ist dieser Typ Rastanlage über den Einsatz von „Kolonnenparken“ ausgelegt auf maximale Effizienz hinsichtlich der Stellplatznutzung, so dass kurzfristig mehr LKW-Parkplätze geschaffen werden können.

Die steigende Anzahl an batterieelektrischen LKW erfordert zudem einen massiven Ausbau an geeigneten LKW-Ladepunkten an allen Arten von Rastanlagen. Damit sich keine unzumutbaren Wartezeiten für Transporteure ergeben, wird dafür ein Reservierungssystem eingeführt. Als ein Baustein für Verkehrssicherheit und im Kampf gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Mangel an Fahrpersonal müssen vergleichbare Konzepte auch in Deutschland dringend geprüft werden!

  1. Gemeinsam gegen Sozialdumping, um den Beruf LKW-Fahrpersonal wieder attraktiv zu machen!

In der europäischen Transportbranche fehlen rund 400.000 LKW-Fahrerinnen und -fahrer, Deutschland steht hier nicht alleine. Sozialdumping durch Arbeitnehmerfreizügigkeit und missbräuchliche Vertragsgestaltungen führen zu starkem Konkurrenzdruck aus Osteuropa zu Lasten westeuropäischer Unternehmen – der Marktanteil osteuropäischer Unternehmen an der Transportleistung auf deutschen Straßen beträgt mittlerweile etwa 40 Prozent.

Erforderlich ist, dass auch die Gewerkschaften mit den Verbänden der Transportbranche zusammenarbeiten, um gemeinsam mit der Politik wirksame Maßnahmen gegen das Sozialdumping aus Osteuropa und daraus resultierenden illegalen Wettbewerbsdruck zu entwickeln. Denn nur wenn deutsche Unternehmen den notwendigen wirtschaftlichen Spielraum gewinnen, können sie die Bedingungen für Ihr Fahrpersonal weiter verbessern.

Erforderlich ist es dabei auch, Verlader als Auftraggeber stärker in die Pflicht zu nehmen als Teil ihrer sozialen Verantwortung für ihre gesamte Transportkette, analog zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Transport wird und muss dabei auch für den Verbraucher teurer werden!

  1. Planungssicherheit und -beschleunigung, damit der Ausbau erneuerbarer Energien gelingt!Grundvoraussetzung für den Ausbau erneuerbarer Energien ist Planungssicherheit. Diese kann nur seitens Politik und Verwaltung erzeugt werden. Flankierend müssen Politik und Verwaltung mutig Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung ergreifen, auch auf Kosten von Verbandsklagerechten und Einspruchsmöglichkeiten auf lokaler Ebene, denn eine leistungsfähige, bedarfsgerechte Infrastruktur der Fernstraßen ist ein übergeordnetes Gut der Daseinsvorsorge.

Das TruckSymposium von ADAC Mittelrhein und TÜV Rheinland findet bereits seit 2006 statt und ist eine wichtige Plattform für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen Wirtschaft und Politik, Forschung und Verbänden, bei der namhafte Referenten Impulse geben und Lösungsansätze aufzeigen. Diese münden jedes Jahr in Empfehlungen in Theorie und Praxis an die Branche und die Politik.

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